Check-in mit Sepp Mair, Direktor im Hohenwart | Südtirol

Ob ehrwürdiges Grandhotel, moderner City-Hotspot oder ein Geheimtipp der Kategorie „Boutique“ – erst durch die Menschen, die dort arbeiten, wird eine Herberge zum einladenden Zuhause auf Zeit. Doch wie gelingt der Spagat zwischen zuvorkommendem Service und gleichzeitigem Respekt vor dem Rückzugsbedürfnis eines Gastes? Welche Rituale der Top-Hotellerie haben noch immer ihren Platz und welche dürfen ins Archiv verbannt werden? Wie gewinnt man das Vertrauen und die Sympathie anspruchsvoller Reisender? Diese und viele weitere Fragen beantworten in der Interviewserie Check-in mit …  die besten Gastgeber der Branche – konkret, ehrlich und höchstpersönlich. Herzlich willkommen!

Gastgeberfamilie Mair

Zum Check-in bittet in dieser Folge Sepp Mair, Inhaber und Direktor des Wellnesshotels Hohenwart. Das heutige Vierstern-Superior-Haus wurde während der Reisewelle der 1950er Jahre als einfache Frühstückspension in Schenna eröffnet. Die kleine Südtiroler Gemeinde liegt etwa drei Kilometer nordöstlich von Meran. Über die Jahrzehnte ist das Hohenwart kräftig gewachsen. Heute umfasst das Hotel insgesamt vier verschiedene Häuser, die alle miteinander verbunden sind.

Was bedeutet Gastfreundschaft für Sie?
Wir möchten unseren Gästen ein Zuhause auf Zeit bieten. Dazu gehört auch, dass man mit dem Gast mal ein wenig länger plaudert, ihn und seine Lebensgeschichte kennt – und sich schon auf seinen nächsten Besuch freut.

Welche „Zutaten“ sind unverzichtbar, damit sich ein Gast wohlfühlt?
Das Gefühl, „zuhause bei Freunden“ zu sein – das ist schon seit vielen Jahren einer unserer Erfolgsfaktoren hier auf Hohenwart und hebt uns wahrscheinlich von anderen Hotels ab. Unsere Gäste kommen nicht, weil wir den schönsten Pool, das größte Buffet, oder ähnliches haben, sondern weil sie sich bei uns wohlfühlen. Deshalb werden auch die meisten unserer Gäste zu „Wiederholungstätern“ und kommen wieder.

Was hat sich als früheres Zeichen für Gastlichkeit auf Topniveau mittlerweile überlebt, was ist passé?
Meines Erachtens ist es gespielte Höflichkeit. Noch nie war es so wichtig, authentisch zu sein und dem Gast ein echtes Urlaubserlebnis zu bescheren. Der Gast spürt, ob der Gastgeber sich wirklich für ihn interessiert, oder ob er nur seine „Standard-Floskeln“ von sich gibt.

Wie schmeckt Ihr Hotel – welche Spezialität Ihres Küchenchefs würden Sie bestellen?
Das ist schwer zu entscheiden. Ich würde mindestens zwei Gänge bestellen: Die Teigtaschen und die Kreationen vom eigenen Lamm. Und dann natürlich noch eine Nachspeise.

Was entspannt in Ihrem Spa/Wellness-Bereich besonders rasch – verraten Sie uns das signature treatment.
Der große Freiraum für Jeden. Niemand wird eingeengt, jeder findet „sein“ persönliches Plätzchen, an dem er sich wohlfühlen und entspannen kann. Bei unseren Signature-Treatments verwenden wir lokale „Zutaten“, denen eine besondere Wirkung für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden nachgesagt wird, wie etwa die Rose und Traube.

Drei eigene erinnerungswürdige Hotel-Erlebnisse rund um die Welt bitte, egal ob positiv oder negativ.
Besonders in Erinnerung geblieben ist mir jener Aufenthalt, bei dem mich der Hotelier einige Tage nach meiner Abreise persönlich anrief um sich zu entschuldigen, dass er keine Zeit hatte sich mit mir zu unterhalten. Das haben wir bei dieser Gelegenheit dann gleich nachgeholt.

Von wem haben Sie für Ihren jetzigen Job am meisten gelernt? Was?
Von meinen Eltern, denn sie haben das Hohenwart zu dem gemacht, was es heute ist. Sie waren schon immer Vorreiter in der Südtiroler Hotellerie, haben ihren eigenen Weg beschritten und hart für ihren Erfolg gearbeitet. Ich mache vieles anders als meine Eltern, aber diese Grundsätze habe ich von ihnen gelernt.

Wenn Sie eine neue Karriere starten könnten, was wären Sie gern?
Ich liebe meine Arbeit – ich würde sofort wieder Hotelier werden, wenn ich nochmal entscheiden dürfte.

Ihr nächstes Reiseziel ist … ?
Die Mongolei – mich reizt das Unbekannte und die unendliche Weite und Einfachheit des Lebens dort.

Was macht die Location Ihres Hotels so besonders – bei Sonnenaufgang wie auch zum Sunset?
Die Lage und die natürliche Umgebung des Hohenwart. Der Ausblick hier ist einmalig schön und fasziniert mich jedes Mal wieder aufs Neue. Die Natur rund um uns herum bietet so viele Möglichkeiten: vom Wandern, Radfahren oder Klettern bis hin zum Entspannen in absoluter Ruhe. Das ist für mich Luxus pur!

Ein absoluter Geheimtipp Ihres Concierges.
Hubert ist unser persönlicher Gipfelstürmer – er wandert nicht nur privat für sein Leben gerne, sondern geht auch wöchentlich mit unseren Gästen zum Wandern. Wenn ihn unsere Hotelgäste nach einem Geheimtipp fragen, empfiehlt er ihnen meist Wanderungen und Ausflüge in etwas „entlegenere“ Gebiete, wie etwa das Ultental. Dort gibt es kaum Tourismus und noch richtig urige Dörfer. Außerdem schöne Almen und Ausblicke, steile Hänge sowie gute Einkehrmöglichkeiten, die er empfehlen kann.

Was ist für den ersten Eindruck wichtig – für ein Hotel und für einen Gast?
Ich lege besonders viel Wert auf den Eingang und eine herzliche, freundliche Begrüßung durch unsere Mitarbeiter. Es ist wichtig, dass sich die Gäste vom ersten Moment an wohlfühlen und entspannen können. Jeder Gast wird bei uns mit einem Händeschütteln und einem freundlichen Lächeln begrüßt – dies klingt nach einer Kleinigkeit oder gar einer Selbstverständlichkeit, wird von unseren Gästen aber sehr geschätzt. Es hilft ihnen, nach einer langen Anreise „runterzukommen“ und in Urlaubsstimmung zu kommen.

Was prüfen Sie in einem Zimmer zuerst, wenn Sie selbst unterwegs sind?
Den Ausblick – in dieser Hinsicht bin ich einfach „verwöhnt“.

Wie helfen Sie mit, besondere Anlässe eines Gastes bei Ihnen im Haus zu zelebrieren?
Wir versuchen, unseren Gästen die Organisation der Feier abzunehmen oder zu erleichtern. Die Gäste sollen Ihre Feier genießen können, und sich nicht von organisatorischen Angelegenheiten gestresst fühlen. So können sie die Feier umso mehr genießen.

Wie hat sich der Luxusbegriff, gerade für die Hotellerie, in den letzten zehn Jahren verändert?
Luxus ist für mich persönlicher Freiraum und Wohlbefinden, und hat nur noch wenig mit materiellen Dingen zu tun. In einer Zeit, in der jeder „alles“ hat, aber im Alltag ständig Stress ausgesetzt ist, gibt es nichts Schöneres als Zeit und Raum für sich selbst zu finden. Genau dies bieten wir auf Hohenwart.

Was machen Sie als erstes, wenn sich ein Hotel-Tester ankündigt?
Business as usual – jeder Gast ist für uns ein Hoteltester, jeder Gast soll sich hier wohlfühlen. Wir unterscheiden hier nicht.

Was werden wir in fünf Jahren in jedem Top-Hotel sehen?
Das ist schwierig – Jetzt Momentan konzentrieren wir uns eher auf das Heute und die nahe Zukunft. Corona hat uns alle sehr geprägt, sowohl uns Hoteliers als auch die Gäste und ihr Reiseverhalten. Jetzt heißt es, diese Situation zu meisten. Und dann schauen wir wieder weiter in die Zukunft.

Wie gelingt einem Hotel ein Moment, der für den Gast länger hält als ein Selfie?
Wir nennen diese „Magic Moments“: Wir versuchen unserem Gast besondere Erlebnisse zu bieten, die seine Erwartungen übertreffen. Etwas Unerwartetes – es kann auch nur eine Kleinigkeit sein, aber diese Kleinigkeit zaubert dem Gast ein Lächeln ins Gesicht. An diese Momente erinnert er sich zuhause noch gerne zurück, und erzählt auch seiner Familie und seinen Freunden davon.

Welche Jahreszeit ist ideal, um Ihr Hotel zu besuchen?
März bis Januar sind ideal für einen Besuch in Schenna, denn jede Jahreszeit und jeder Monat hat seinen eigenen Reiz. Im Meraner Land haben wir das ganze Jahr über angenehm warme Temperaturen, das macht Ausflüge in die Natur das ganze Jahr über attraktiv. Die Umgebung zeigt sich außerdem ständig von einer neuen Facette, und rund ums Jahr werden verschiedenste Veranstaltungen angeboten. Am erholsamsten ist es aber außerhalb der Saison, wenn alles ein wenig ruhiger und gemächlicher wird.

Die schönste Haus-Anekdote bzw. der berühmteste Gast (bisher).
Jeder Gast ist „berühmt“ und wichtig für uns. Schmunzeln muss ich aber, wenn ich an jenen Gast zurückdenke, der spät abends seine Zahnteilprothese an der Hotelbar verlor, am Morgen aber nichts davon wissen wollte und die Prothese ablehnte.

Ein Tipp noch für die Urlaubslektüre, bitte.
„Blackout – Morgen ist es zu spät“ von Marc Elsberg. Eine spannende Lektüre!

Hier können Sie Ihre Übernachtung buchen:

Hohenwart
Verdinserstr. 5
39017 Schenna
Südtirol, Italien
hohenwart.com

Fotos: Tuxyso / Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0, Hohenwart