Flaschenpost aus dem Naturhotel Lüsnerhof in Südtirol

Im Wein liegt nicht nur die sprichwörtliche Wahrheit, jede Flasche weiß auch ihre ganz eigene Geschichte zu erzählen. Mehr noch, gute Tropfen bereichern unsere eigene Anekdotensammlung, als vollmundige Begleiter besonderer Lebensmomente. Deshalb bitten wir in dieser Serie die besten Sommeliers, Barchefs und Kellermeister um ihre ganz persönliche Empfehlung, samt Verkostungsnotizen und vielen Tipps zum Kauf und Genuss feinster Weine und Spirituosen. Eine Flaschenpost mit hohem Überraschungs- und Nutzwert. Cheers und a votre santé.

Das Südtiroler Naturhotels Lüsnerhof ist beliebt für seine regionale Küche in Bio-Qualität. Bauern und Betriebe rund um das Lüsnertal beliefern die Küche des Vierstern-Superior-Hotels mit einheimischen Lebensmitteln, wie Käse, Butter, Eiern und Broten. Auch bei der Zusammenstellung der Weinkarte haben sich die Sommeliers des Lüsnerhofs ganz der Regionalität verschrieben.

Welches ist aktuell der beste bzw. kostspieligste Tropfen in Ihrem Keller / an Ihrer Bar?
Unsere Weinliste ist lang! Sie umfasst rund 170 regionale und territoriale Weine. Wir haben ganz bewusst den Schwerpunkt auf italienische Weine gelegt, denn von Nord bis Süd gibt eine sehr große Auswahl – sowohl an Rebsorten, als an Weingüter. Die „wertvollste“ Flasche unseres Kellers ist der „Rarity“ 1991 vom Weingut in Terlan.

Was zeichnet diese Flasche/diesen Jahrgang/dieses Destillat besonders aus?
Es ist eine Cuvée aus Pinot Blanc, Chardonnay und Sauvignon Blanc. Sie ruht 25 Jahren auf Hefen (ein Jahr in 25 hl-Fässern und 24 Jahre in 25 hl-Stahlbehältern) bei 13 Grad Celsius in einem 13 Meter tiefen Keller. Es ist ein weicher, schmackhafter und energiereicher Wein, der aus dem einzigartigen Terroir von Terlan stammt. Die dortigen Rebstöcke haben sehr begrenzten Erträge und werden auf sandigen, armen Böden, die reich an Porphyr und Quarzgestein sind, angebaut. Eine Kuriosität ist auch das Etikett der Terlaner Rarity von 1991. Es besteht aus reinem Silber, eine Art „Sternenstaub“. Dies hat zwei Gründe: zum einen, um an die 25-jährige Reifung (Silberhochzeit) zu erinnern, zum anderen, um auf die Tradition der Gegend zu verweisen. Im 15. Jahrhundert arbeiteten nämlich mehr als tausend Bergleute im Silberbergwerk in Terlan.

Zu welchem Anlass und zu welchem Gericht passt er hervorragend?
Es ist automatisch ein besonderer Anlass ist, wenn man das Glück hat, diesen faszinierenden Wein zu verkosten. Insgesamt gibt es nur 3.300 Flaschen. Er passt sehr gut zu unserer regionalen Küche, z.B. zu einem Passeier Saibling, kombiniert mit einer Variation von roten und gelben Beeten vom Bauern, und einem Apfelgelee aus dem Vinschgau.

Ihre ganz persönliche Verkostungsnotiz dazu lautet:
Die Intensität und Helligkeit der Farbe erinnern charmant an das Lächeln eines jungen Mädchens. Die Noten von Wiesenblumen und dem mineralischen und würzigen Geruch der Hefen macht die Düfte fein und verführerisch. Am Gaumen hat er eine großartige Struktur, eine unglaubliche Übereinstimmung zwischen Nase und Mund, unendlich anhaltend.

Haben Sie weitere Assoziationen zu dieser Flasche und Ihrem Inhalt? 
Einmal verlangte ein Gast eine ganz besondere Flasche für sein Abendessen. Seine Partnerin, eine Weinexpertin, hätte bereits sehr viele berühmte Weine verkostet. Nun wollte er sie mit etwas Einzigartigem überraschen. Der Terlaner Rarity 1991 schaffte es, sie sprachlos zu machen.

Was sollten unsere Leser über die Marke/den Winzer/die Brennerei – kurz: die Herkunft – wissen?
Die Kellerei Terlan ist eine der historischen Winzergenossenschaften Südtirols. Sie wurde im Jahr 1893 gegründet, als sich die lokalen Winzer zusammenschlossen, um die Weintrauben ihres Gebietes mit Leidenschaft und Hingabe zu verarbeiten. Heute gibt es 150 Mitglieder in Terlan, 130 Hektar Weinberge und 1,4 Millionen produzierte Flaschen. Einige Winzer bauen zusätzlich Spargel an. An der Spitze des Weingutes stehen Präsident Georg Höller, Vizepräsident Hansjörg Hafner und der Önologe Rudi Kofler. Die Weinkellerei Terlan ist weltberühmt für ihr Weinarchiv, das in 13 Metern Tiefe liegt und rund 100.000 Flaschen aller Jahrgänge von 1955 bis heute enthält. Der ehemalige Kellermeister Sebastian Stocker legte jedes Jahr 500 Flaschen beiseite, um zu sehen, ob seine Annahmen über die Langlebigkeit der Terlaner Weine richtig waren. Das Archiv ist ein Erbe von enormem Wert und Bedeutung, das vergleichende Verkostungen und Studien über die Entwicklung von Weinbereitungstechniken ermöglicht. Es ist eine echte historische Weinbibliothek.

Welchen Tasting-Tipp wollen Sie unseren Lesern geben?
Es ist nicht nötig, alle Duftvariationen oder die verschiedenen Rebsorten durch den Geruch zu erkennen. Das Wichtigste ist, sich zu begeistern. Ein Wein und Essen sollten immer zusammenpassen. Dafür muss man die grundlegenden Bestandteile des jeweiligen Gerichts zuerst verstehen, kennen und studieren, um schließlich den idealen Wein dafür zu finden.

Welchen guten Rat sollte jeder beim Weinkauf beherzigen?
Es ist wichtig, Etiketten lesen zu können. Darauf stehen eine Menge wichtiger Informationen. Am besten kaufen Sie Weine in einer Enothek. Dort findet man meist kompetente Personen, die ihren Beruf lieben und sehr gut beraten können.

Den besprochenen Wein können Sie z. B. hier kaufen:
Rarity Terlaner 1991, Kellerei Terlan

Mehr über das Naturhotel Lüsnerhof findet Sie hier: www.luesnerhof.it

Foto: Corina Rainer/Unsplash, Kellerei Terlan